verheißt nichts Gutes
von riemsche
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der Werdegang des Begriffs
Herausforderung ist wahrlich seltsam
das Grimmsche Wörterbuch kannte
Mitte des 19.Jahrhunderts lediglich
zwei Belegstellen für dieses Wort
und bis Anfang der 2000er spielte
es kaum eine Rolle legte dann aber
bezüglich Verwendung rasant zu
eine gewisse Mitverantwortung für
diese zweifelhafte Errungenschaft
trifft ne ex-Bildungsministerin welche
dereinst verkündete » es gibt keine
Probleme_ nur Herausforderungen «
damit ist das Problem auch schon
benannt soll aktuell mittels verbalem
Hokuspokus verschwinden drum gibt s
für Interessierte laufend Interviews
in denen wer nichts Konkretes sagt
aber bei jeder Gelegenheit von
Herausforderungen schwadroniert
Handlungsunfähigkeit kaschiert denn
das früher ungebräuchliche Wort
hieß ursprünglich schlicht_ Forderung
hatte eine klare Bedeutung nämlich
jemanden zu einem Kampf Duell
wenigstens zu einer Antwort oder
Replik aufzufordern damit unterstrich
man sein Recht seine Aktivität Initiative
bekundete nicht alles hinzunehmen
provozierte potentielle Gegner_ pikant
dass man den Sinn ins Gegenteil
verkehrte wir fordern niemanden mehr
heraus fühlen uns aber von allem
gefordert infolgedessen überfordert
inflationärer Gebrauch der populären
Worthülse soll darüber hinweg
täuschen dass wir nicht gewillt sind
Probleme oder Konflikte präzise
und ohne ideologische Scheuklappen
zu thematisieren das Gerede von jenen
die das ständig praktizieren erspart
uns eine genaue Analyse schwieriger
Situationen enthebt uns der Aufgabe
Lösungsstrategien vorzuschlagen
erlaubt es jeweilige Gesprächspartner
mit einer Leerformel abzuspeisen
»Herr oder Frau Sowieso wie wollen Sie
das Problem lösen dass erschreckend
viele Kinder mangels Sprachkenntnisse
dem Unterricht nicht folgen können?«
»Nun wir werden uns dieser großen
Herausforderung stellen.« _alle
Bestandteile dieses standardisierten
Frage-Antwort-Spiels sind beliebig
austauschbar bis auf_ Herausforderung
natürlich soll das Wort betonen
dass man es nicht einfach hat_ja
wahrscheinlich scheitern wird
nur s Synonym für Inkompetenz
gepaart mit Mutlosigkeit besagt es
genau betrachtet wenig plakativ
eine Herausforderung anzunehmen
getan ist damit nämlich noch nichts
der Wirklichkeit um die es geht
fehlt für d Sanktion die Fähigkeit
diese für in Ordnung zu empfinden
ihre Miseren vermögen uns offenbar
nicht herauszufordern obwohl Natur
uns tagtäglich eines Besseren belehrt
Überlegungen wen der dafür
Verantwortlichen wir fordern können
gehen in Komfortzonen verschütt
»Arm in Arm mit dir, So fordr ich
mein Jahrhundert in die Schranken«
das waren noch Zeiten als Friedrich
Schillers Don Carlos mit Marquis Posa
an dessen Seite ein Säkulum
herauszufordern wagte um ihm der
Freiheit Stück & Stempel aufzudrücken
heute geteilter Meinung sind es nicht
wir die wen oder was herausfordern
fühlen uns von Herausforderungen
regelrecht umzingelt gibt s Probleme
an Schulen stellen diese auf Anhieb
eine Herausforderung dar fehlen
Ärzte oder Pflegekräfte sehen wir uns
einer herausfordernden Situation
gegenüber und dass die Migration
Gegenwart Zukunft das Klima Defizit
Herausforderungen sind zählt zu
den gängigsten Phrasen im ohnehin
ärmlichen Wortschatz derer denen
dauernd wer s Mikro vor die Nase hält
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