zusammen_halt
von riemsche

 

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Die hoffnungsvolle Erwartung positiver Ereignisse in der Zukunft vermag Menschen davon abzuhalten, sich von gegenwärtigen Schwierigkeiten lähmen zu lassen oder gar zu verzweifeln - kann andererseits aber auch verhindern, die aktuelle Situation als derzeit gegeben zu akzeptieren und achtsam zu analysieren. Hoffnung geht dann mit einem Realitätsverlust einher. Im Christentum ist Hoffnung als göttliche Tugend primär positiv konnotiert. Dementsprechend der Erbauung dienend literarische Traktate belehren die Gläubigen, dass Gott alles zu einem guten Ende führen werde, wenn wir unsere Hoffnung auf ihn setzen und zweimal am Tag die Hände falten_ selbst dann, wenn wir sie die restliche Zeit in den Schoß legen.

Der von den Nazis ermordete Theologe Dietrich Bonhoeffer prägte den Begriff der billigen Gnade, worunter er eine Gnade ohne Umkehr verstand. Analog dazu mag man von einer billigen Hoffnung sprechen - der Hoffnung auf eine supranaturalistische Rettung durch einen transzendenten Deus ex machina. Eine solche wertet menschliches Handeln auf ein halbwegs erträglich Maß herab, blockiert zumeist die Suche nach natürlichen Erklärungen und ist _um nochmals Bonhoeffer zu zitieren_ nur mit dem Opfer der intellektuellen Redlichkeit aufrecht zu erhalten. Es empfiehlt sich zudem, eine Mahnung Gottes an die ersten Menschen ernst zu nehmen, die einem rabbinischen Text entnommen da sinngemäß in etwa lautet: Passt ja gut auf diese Welt auf, denn es wird nach euch niemanden geben, der sie wieder instandsetzt, wenn ihr Mist baut.

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