wohnung
von Rouven Bronk (spinowachs)

 



Wohnung light


Müde und selbstgefällig liegt er da, bequem gelangweilt auf gepolstertem Möbelstück ohne Radaufhängung, aber mit vier frechen Füßen, 5 qm luftgekühltem Schonbezug, zwei Achsen aus furniertem Ahorn, sechsfach gegliederter Rückenlehne und klappbarem Thromboseschutz.

Das getäfelte Tischgestell aus den 70ern des Grauens macht einen ruinösen Eindruck: Da liegt der Staub der ewigen Vergesslichkeit in den Fugen von billigem Kitt und wird unterwandert von subversiven Bierlachen, zerbröseltem Etwas und ein wenig Eigelb. Da schwimmt keine Echse mehr, da singt kein Sielmann, da hat der Docht im Wachs der Vergänglichkeit die Depression bekommen.

Auf feuerrotem Teppich thront er: Ein mumifiziertes trauriges Gestell aus wurmstichigem Holz und geschundenem Textil, gelöchert durch permanente Sitzungen dickbäuchiger Sahnekuchen verzehrender älterer Herrschaften, Fruchtfliegen und krümelnder Monster, die aus der Hölle kommend den Rest an Sesselsubstanz ausgesaugt haben und obszön rülpsend wieder zurückkehren in die ewige Dunkelheit und meinen, sie wären stolz auf ihr zerstörerisches Tagewerk.

An labilen Türen hängen einsam und ermüdet die stumpf glänzenden Klinken und sehnen sich nach einem warmen Händedruck. Doch der bleibt aus. Stattdessen ziehen sich die Zargen in ihr feuchtes Elend zurück, dehnen sich erneut zu einem letzten Akt des Überlebenswillens aus, prusten, stöhnen und knarzen ins Finale: Sudden Death!


2011, Dezember
w.p.w.



Autorenplattform seit 13.04.2001. Zur Zeit haben 687 Autoren 5355 Beiträge veröffentlicht!